In der Luft- und Raumfahrt, der Verteidigungsindustrie, der Energiewirtschaft und generell in allen komplexen wie auch systemgetriebenen Industrien komplexer Systeme sind die Reduzierung von Entwicklungszeiten und -kosten zu zentralen Schlüsseln der Wettbewerbsfähigkeit geworden. Heute reicht es nicht mehr aus, die Ausführung des V-Modells zu optimieren. Die zugrunde liegende Entwicklungslogik selbst muss neu gedacht werden. Einige Vorreiter haben diesen Weg bereits erfolgreich eingeschlagen und damit einen echten Paradigmenwechsel eingeleitet.
Die Grenzen des V-Modells
Das V-Modell bleibt ein bewährter Rahmen, um Anforderungen zu erfüllen und deren Rückverfolgbarkeit sicherzustellen. Sein vermeidlich linearer Ablauf, insbesondere bei der Zuordnung von Anforderungen zu Subsystemen, führt jedoch häufig zu wenig optimalen Konstruktionsentscheidungen und einer unzureichenden Berücksichtigung bereits vorhandener Technologien. Zu oft entstehen dadurch technische Sackgassen, die Nacharbeiten mit entsprechenden Verzögerungen und Kostenüberschreitungen erfordern.
Paradigmenwechsel: Das Ende des „Rad-neu-Erfindens“
Warum also die Logik nicht umkehren?
Wenn man von den bereits verfügbaren (oder in Entwicklung befindlichen) Technologiebausteinen ausgeht, lassen sich Systeme schneller konzipieren. Mit besserer Kostenkontrolle und einer deutlichen Verringerung technischer, industrieller und programmatischer Risiken.
In diesem Ansatz wird der Systemarchitekt zum Innovations-Gestalter. Angesichts einer neuen funktionalen Spezifikation kartiert er verfügbare Technologieblöcke der internen Entwicklung oder von externen Partnern und bewertet deren Leistungsfähigkeit, Kompatibilität und Reifegrad. Eine Gap-Analyse zeigt anschließend die fehlenden Fähigkeiten und Funktionalitäten auf und ermöglicht es, Innovationsaufwände auf echte Differenzierungsfelder zu konzentrieren, während die Wiederverwendung maximiert wird.
Technologisches Monitoring: Grundlage gezielter Innovation
Um dieses Modell tragfähig zu machen, ist ein klares und aktuelles Verständnis der verfügbaren Technologiebausteine am Markt erforderlich. Da Projekte selten Zeit für diese Technologieexploration lassen, ist eine strukturierte Bewertung außerhalb der Projektzyklen unverzichtbar.
Sie basiert auf:
- Einem fundierten Verständnis interner Kernkompetenzen, gestützt durch eine klare Make-or-Buy-Strategie und ein Netzwerk potenzieller strategischer Partner,
- Einer aktuellen und transparenten Sicht auf die Technologieportfolios und -roadmaps der wichtigsten Lieferanten und Partner,
- Einer strukturierten Datengrundlage, die Funktionen, Leistungsumfang, Schnittstellen, technischen wie auch industriellen Reifegrad, geplante Weiterentwicklungen und mehr erfasst.
Dieses Modell schafft auch eine Win-Win-Situation mit den Lieferanten: Diese können Architekturentscheidungen beeinflussen, Kundenbedarfe antizipieren, ihre Wettbewerbsfähigkeit in Ausschreibungen steigern und sich als langfristige strategische Partner positionieren.
Erfolgsfaktoren für die Umsetzung des Modells
- Proaktive und kollaborative Technologiebewertung: Einkäufer und Ingenieure arbeiten gemeinsam an einer stets aktualisierten Datenbank mit Informationen zu Technologien inklusive der Bewertung von Reifegrad, Kosten und Leistungsfähigkeit.
- Unterstützung durch das Management: Bereitstellung dedizierter Ressourcen, Einführung klarer KPIs (Technologiebewertungen, Wiederverwendungsrate usw.) und aktive Unterstützung des Ansatzes.
- Wert-orientierte Engineering-Kultur: Fokus auf die gesamte industrielle Leistungsfähigkeit statt auf rein technische Perfektion.
- Verankerung in der Produktentstehung: Ein strukturierter Prozess, der die drei vorangehenden Faktoren integriert und sicherstellt, dass an jedem wichtigen Entwicklungsschritt eine Bewertung der verfügbaren Technologiebausteine sowie Wiederverwendungsmöglichkeiten durchgeführt wird.
Fazit: Innovation fokussieren, Wettbewerbsfähigkeit steigern
Diesen Wandel zu meistern bedeutet, Entwicklung und Einkauf in echte Motoren von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zu verwandeln.
Der Übergang von einem Anforderungs-getriebenen zu einem Technologie-basierten Entwicklungsmodell erhöht Agilität, Resilienz und Innovationsgeschwindigkeit. Unternehmen, denen dieser Wandel gelingt, verkürzen ihre Entwicklungszyklen, stärken ihre Partnerschaften und profitieren schneller von technologischen Durchbrüchen.
Avencore unterstützt Industrieunternehmen dabei, diese Transformation Realität werden zu lassen. Lassen Sie uns darüber sprechen.